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AutorenbildWolfgang Gründinger

Die drei Stoppschilder für die Energiewende

Aktualisiert: 20. Sept. 2021



Den Kampf gegen die Klimakrise können wir nur gewinnen, wenn wir sauberen Strom erzeugen - und zwar sehr schnell und sehr viel. Dafür brauchen wir eine Solaranlage auf jedem Dach. Doch die Solare Revolution droht zu scheitern - versehentlich. Drei Stoppschilder für die Energiewende, die man gern übersieht.


Wir brauchen SEHR schnell SEHR viel sauberen Strom für die wegfallenden Atom- und Kohlekraftwerke, für Millionen Elektroautos, und für Millionen Wärmepumpen (die alte Öl- und Gasheizungen ersetzen werden).


Der Ausbau der Solarenergie muss daher mindestens doppelt, eher viermal (!) so schnell gehen wie bisher. Egal in welches Sofortprogramm oder in welchen Klimaplan man schaut: Alle wollen mehr Solardächer.


Versehentlich aber könnte der Ausbau schon kurz nach der Wahl sogar einbrechen - trotz allen guten Willens. Denn: Die Bundesregierung unter Angela Merkel hat drei Stoppschilder für den Solar-Ausbau aufgestellt, die man derzeit leider oft vergisst.


Stoppschild 1: Fallende Wirtschaftlichkeit


Eine Solaranlage lohnt sich, weil sie günstig Strom produziert. So spart man sich den teuren Strom aus dem Netz und reduziert seine Stromrechnung. Aber normalerweise verbraucht man nur 30-40% des Solarstroms selbst, weil die Sonne mittags zu viel und nachts und im Winter wenig oder gar keinen Strom liefert. Den nicht verbrauchten Solarstrom speist man in das Stromnetz ein. Dafür bekommt man eine Vergütung, die gesetzlich festgelegt ist. Momentan sind das rund 7 Cent pro Kilowattstunde.


Heißt: Solarenergie rentiert sich im heutigen System, wenn man bei den Stromkosten möglichst viel sparen kann und die Vergütung ebenfalls möglichst hoch ist.


Die Politik ist drauf und dran, beide Faktoren so stark zu beeinflussen, dass die Wirtschaftlichkeit der Solaranlage unter Druck gerät.


Die Vergütung fällt jeden Monat in einem ziemlichen Tempo und verschiebt sich bald deutlich unter die 7-Cent-Grenze.


Zugleich will die Politik den (momentan sehr teuren) Strompreis drastisch nach unten schrauben. Das ist zwar gut so. Niemand will so hohe Strompreise wie jetzt. Aber es gibt ein Problem: Senkt man Strompreise und Vergütung zugleich und zu schnell, dann wird die eigene Solaranlage unwirtschaftlich.


Wie kann die Politik das Dilemma lösen?


Man sollte die Vergütung vorübergehend bei 7 Cent einfrieren, vielleicht für ein Jahr. Diese provisorische Zwischenlösung verhindert zumindest einen Marktbruch beim Solar-Ausbau. Diese Zeit muss für Reformen auf dem Energiemarkt genutzt werden. Damit zum Beispiel Solarbetreiber ihren Strom in lokalen Gemeinschaften nutzen können - und sich dann die Solaranlage wieder lohnt, und unabhängig wird vom Strompreis.



Stoppschild 2: Bürokratischer Hürdenlauf


Wer heute eine Solaranlage betreiben will, lebt mit der ständigen Angst vor den Behörden.

  • Sie wollen Ihren Solarstrom an den Nachbarn verkaufen? Illegal! (Außer, Sie haben Lust, wie ein Energiekonzern behandelt zu werden. Aber das haben Sie vermutlich nicht. Außerdem muss Ihr Nachbar dann die sogenannte EEG-Umlage zahlen. Lohnt sich dann aber nicht mehr.)

  • Sie haben ein Haus, aber Ihre Schwiegereltern wohnen darin? Illegal! Nur Sie dürfen profitieren und sonst niemand!

  • Sie wollen Ihren Dienstwagen mit Ihrem Solarstrom laden? Illegal! (Außer, naja, Sie wissen schon: Abrechnungs-Bürokratie organisieren, EEG-Umlage zahlen, und so weiter.)

  • Und wehe, Sie wagen es, in einem Mietshaus zu leben… Da ist eine Anlage auf dem Dach zwar theoretisch-juristisch erlaubt, aber der bürokratische und technische Aufwand ist so enorm (und teuer), dass Sie es lieber ganz sein lassen.

Bevor Sie Ihre Solaranlage ans Netz anschließen dürfen, müssen Sie übrigens Ihren Netzbetreiber um Erlaubnis fragen. Davon gibt es 900 in Deutschland, und jeder macht seine eigenen Regeln in seinem kleinen Reich. Die Anträge gibt’s oft nur auf Papier (und sind von einem Laien schwer zu verstehen). Und: viele Netzbetreiber bestehen darauf, vor Ort die Anlage zu inspizieren - obwohl das gerade bei kleinen Anlagen unnötig ist. Das kann schon mal ein paar Wochen dauern.


Ich arbeite beim Solar-Startup Enpal. Allein wir beschäftigen über 30 Menschen, die nichts anderes machen, als den lieben langen Tag fleißig Netzanträge auszufüllen, auszudrucken und abzuschicken. Das kostet Zeit und Geld - und frustriert die Menschen, die ihre eigene Solaranlage auf dem Dach haben und nun noch wochenlang auf die Bürokratie warten müssen.


Da hilft nur: die Bürger-Solarenergie endlich aus den Fesseln der Bürokratie befreien!


Stoppschild 3: Fehlende Fachkräfte


Irgendjemand muss die Solaranlagen aufs Dach bauen (= Monteur:innen) und ans Netz anschließen (= Elektrotechniker:in mit Konzession). Das Problem: Es gibt schon jetzt viel zu wenige davon. Und kaum ein Betrieb bildet noch aus: Die Jugend von heute sei zu faul, oder man ist ja eh bald in Rente, oder es ist einfach sonst zu mühsam. Dumm nur, dass dann die Leute im Handwerk fehlen: nicht nur bei der Solarenergie, sondern auch bei E-Autos, Ladesäulen, Messbetrieb, Windrädern, und so weiter.


Allein wir bei Enpal haben über 300 tolle Handwerker fest bei uns eingestellt und setzen sie in 38 Montageteams in ganz Deutschland ein.


Die Monteure, die aufs Dach klettern, bilden wir selbst aus. Wir haben dafür drei Gewerbehallen vor Berlin: die Enpal-Akademie. Der Job ist zwar körperlich hart, aber man kann ihn schnell lernen. Daher dauert es nur drei Wochen, bis ein neuer Monteur fit genug ist, um mit seinem Team eine Solaranlage zu bauen. Wir sind sehr stolz auf unsere Enpal-Monteure. Darunter sind viele Geflüchtete aus Syrien und anderswo, auch viele Menschen, die keine Berufsausbildung haben oder in ihrem Job keine neue Anstellung mehr finden oder wollen, und daher eine zweite Chance suchen.


Die Mangelware sind aber die Elektrotechniker. Da dauert die Ausbildung über drei Jahre. Wer 30 oder 40 Jahre alt ist und den Job wechseln will, hat keine Chance. Denn niemand kann dann noch für das Azubi-Gehalt arbeiten: man muss Miete bezahlen, vielleicht ein Kind ernähren, und garantiert will man nicht mehr bei seinen Eltern einziehen.


Woher sollen die Leute also kommen?


Wir brauchen eine Qualifizierungs-Offensive: Jeder, der will, sollte einen Quereinstieg als Energie-Werker machen können. Mit Energiewende-Bafög für alle. Und die berufliche Ausbildung müssen wir insgesamt deutlich stärken und Lust machen auf das Handwerk.


Diese drei Stoppschilder für die Solarenergie müssen weg.


Man braucht nicht mal den “Solar-Turbo” anwerfen. Man muss nur die Stoppschilder aus dem Weg räumen.


Du willst all das nochmal ganz genau nachlesen?


Dann findest du hier den ultimativen 10-Punkte-Solarplan von Enpal:


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