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AutorenbildWolfgang Gründinger

Fossile und klimaschädliche Subventionen: Was das ist und was wir ändern sollten

Aktualisiert: 4. Jan.


Hand mit brennenden Geldscheinen

Deutschland leistet sich 65 Milliarden klima- und umweltschädliche Subventionen. Eine Übersicht der Top 5 wichtigsten fossilen klimaschädlichen Subventionen.


7 Billionen US-Dollar: So viel lässt sich die Menschheit die Subventionen für fossile Energie kosten. Das entspricht mehr als 7% des globalen BIP! Das sagt der Internationale Währungsfonds (IWF). Zum Vergleich: Für Bildung wird nur knapp über 4% ausgegeben.


In Deutschland ist der fossile Subventionstopf etwa 40 bis 65 Milliarden groß. Die Schätzungen schwanken, denn der Begriff “Subvention” ist nicht einheitlich definiert. 


Das Umweltbundesamt (UBA) zählte für das Jahr 2018 insgesamt 41 Subventionen in Höhe von über 65 Milliarden Euro pro Jahr. Manche Subventionen wurden seitdem aber abgeschafft: Die Ausnahmen für die Industrie bei den Förderzahlungen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) liefen durch die Abschaffung der Erneuerbaren-Umlage mit aus. Auch die milliardenschweren Absatzhilfen für die Steinkohle erledigten sich durch die Schließung des teuren Steinkohlebergbaus. Zahlreiche indirekte Subventionen, also Steuervergünstigungen, bestehen aber immer noch. Der Reformbedarf ist unübersehbar. 


Hier meine Top 5 der größten und umstrittensten fossilen und klimaschädlichen Subventionen.



SUV auf der Straße

1. Dienstwagenprivileg


Was ist das Dienstwagenprivileg?

Das Dienstwagenprivileg ist die steuerliche Begünstigung von Dienstwagen für den privaten Gebrauch. In vielen Berufen benötigen die Angestellten einen Firmenwagen, zum Beispiel im Außendienst, um Kunden zu erreichen oder Waren zu transportieren. In solchen Fällen darf es natürlich keine steuerlichen Nachteile geben. Das Dienstwagenprivileg ist aber etwas anderes: Es belohnt die private Nutzung eines Dienstwagens. So zahlen alle Steuerzahler drauf, damit Dienstwagen-Fahrer weniger Steuern fürs Autofahren zahlen.

Das Dienstwagenprivileg funktioniert so: Der Arbeitgeber übernimmt Anschaffungskosten, Wartung, Steuern, manchmal auch mit einer Tankkarte den Kraftstoff für das Auto. Für den Privatgebrauch entsteht so ein “geldwerter Vorteil”, der versteuert werden müsste. Das ginge bürokratisch über ein Fahrtenbuch, oder aber einfach über eine Pauschale. Das Dienstwagenprivileg sagt nun: Die Besteuerung des geldwerten Vorteils erfolgt nur mit 1% des Bruttolistenpreises des Dienstwagens (oder 0,25% bei Elektroautos) plus eine geringe Pauschale pro Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Diese Pauschale ist allerdings viel zu gering, um den geldwerten Vorteil abzudecken.


Was kostet das Dienstwagenprivileg?

Das Umweltbundesamt errechnet mindestens 3,1 Mrd. €. Andere Studien sprechen sogar von 4,4 Mrd. €.


Was ist die Kritik am Dienstwagenprivileg?

Nach Ansicht von Bundesverkehrsminister Volker Wissing ist das Dienstwagenprivileg nötig, um "den Absatz von Fahrzeugen im Heimatmarkt zu erleichtern". Es handelt sich demnach um eine Subvention der Autoindustrie.

Das Dienstwagenprivileg subventioniert vor allem Besserverdienende: Fast ein Drittel aller Beschäftigten mit einem Bruttoeinkommen über 6.000 €/Monat hat einen Dienstwagen, aber nur 1% der Beschäftigten unter 2.000 €. 

Das Dienstwagenprivileg besitzt zudem eine weitere unsoziale und umweltschädliche Lenkungswirkung: Je hochpreisiger und je stärker motorisiert der Wagen ist, und je mehr er privat gefahren wird, desto größer ist der Steuervorteil und damit der Einnahmeverzicht des Staates. Die Folge: Dienstwagen sind zumeist teure und stark motorisierte Modelle der Oberklasse und SUVs. 


Wie kann man das Dienstwagenprivileg reformieren?

Die private Nutzung eines Dienstwagens sollte weiterhin möglich sein. Aber die Steuer sollte genauso sein wie bei privaten Fahrzeugen. Das wäre sozial und ökologisch sinnvoll.

Eine schnell umsetzbare Möglichkeit wäre, die pauschale Besteuerung zu verdoppeln.

Andere Länder wie Großbritannien machen es vor: Dort werden emissionsintensive Dienstwagen sogar mit 3% des Listenpreises besteuert.



Hand mit Zapfhahn und Auto

2. Dieselprivileg


Was ist das Dieselprivileg?

Das Dieselprivileg macht jeden Liter Diesel 18 Cent billiger als Benzin - dank des geringeren Steuersatzes auf Diesel. Begründet wurde die Steuervergünstigung mit der Entlastung des deutschen Lkw-Transportverkehrs. In den 1990ern war aber der Anteil von Diesel-Pkws auch nicht einmal halb so hoch wie heute (13,4% im Jahr 1994, im Vergleich zu 32,2% im Jahr 2019).


Was kostet das Dieselprivileg?

Laut Umweltbundesamt beläuft sich das Dieselprivileg auf 8,2 Mrd. € Steuerverluste. Die Bundesregierung sprach 2017 von nur 3,7 Mrd. €, bezieht dabei aber nur private Pkw ein (und keine Lkw). Andere Studien sprechen von knapp 4,4 Mrd. €.


Was ist die Kritik am Dieselprivileg?

Der geringere Steuersatz macht Autofahren günstiger - und schadet damit dem Klima.


Wie kann man das Dieselprivileg reformieren?

Das Dieselprivileg kann man nicht über Nacht abschaffen, denn viele Autofahrer haben sich auf den Steuervorteil verlassen und brauchen genug Zeit, um sich umzustellen. Außerdem fahren Lkws mit Diesel. Der Wegfall des Steuervorteils würde daher auch die Wirtschaft treffen. Für Privatleute wie für Unternehmen sollte gelten: Die höhere Belastung sollte klug und aufkommensneutral ausgeglichen werden. Ein Beispiel: Die Kfz-Steuer für Diesel-Autos ist höher als für Benziner. Eine Reform muss also ganzheitlich sein.



Stau mit mehreren Autos auf der Straße

3. Entfernungspauschale


Was ist die Entfernungspauschale?

Die Entfernungspauschale ist eine Entlastung bei der Einkommensteuer für den Arbeitsweg für Pendler. Pro Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsort können Pendler 30 Cent von der Steuer absetzen. Fernpendler erhalten einen höheren Betrag.


Was kostet die Entfernungspauschale?

Die Entfernungspauschale kostet pro Jahr 6 Mrd. € Mindereinnahmen, so das Umweltbundesamt. Andere Studien kommen auf 4 bis 5,6 Mrd. €.


Was ist die Kritik an der Entfernungspauschale?

Die Entfernungspauschale nutzt insgesamt eher Mittel- und Gutverdienern, da diese im Schnitt längere Arbeitswege haben und zudem die Entlastungswirkung mit höherem Einkommen (und damit höherem Einkommensteuersatz) steigt.

Außerdem belohnt sie lange Autofahrten und die Zersiedelung mit Steuervorteilen. Es ist nachweisbar, dass steuerliche Subventionen die Pendelwege verlängern.

Deutschland ist außerdem eines der wenigen Länder auf der Welt, in denen der Arbeitsweg bedingungslos von der Steuer absetzbar ist. 


Wie kann man die Entfernungspauschale reformieren?

Sinnvoll wäre eine Umwandlung in ein Mobilitätsgeld, das unabhängig vom Einkommensteuersatz und/oder von der Entfernung ist. Das schlagen das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und die gewerkschaftsnahe Hans-Boeckler-Stiftung vor.



Flugzeug in der Wartung am Flughafen

4. Kerosin-Steuerbefreiung


Was ist die Kerosin-Steuerbefreiung?

Der Flugzeugtreibstoff Kerosin ist in Deutschland von Energiesteuern befreit - während z.B. jeder Autofahrer Mineralölsteuer auf Benzin und Diesel zahlt.


Was kostet die Kerosin-Steuerbefreiung?

Die Kerosin-Steuerbefreiung kostet fast 8,4 Mrd. € pro Jahr, so das Umweltbundesamt.


Was ist die Kritik an der Kerosin-Steuerbefreiung?

Die Steuerbefreiung von Kerosin ist eine massive Ungleichbehandlung: Auto und Bahn müssen Energiesteuern zahlen. Dabei ist Fliegen die klimaschädlichste Form der Mobilität. Zudem fliegen vor allem Besserverdiener - die Steuerbefreiung wirkt also obendrein sozial ungerecht.


Wie kann man die Kerosin-Steuerbefreiung reformieren?

Die Bundesregierung sollte bei der EU eine EU-weite Aufhebung der Steuerbefreiung auf Kerosin anstreben.



Flugzeug bei der Landung

5. Mehrwertsteuerbefreiung von internationalen Flügen


Was ist die Mehrwertsteuerbefreiung von internationalen Flügen?

Auf Tickets für Flüge ins Ausland erhebt der Staat keine Mehrwertsteuer.


Was kostet die Mehrwertsteuerbefreiung von internationalen Flügen?

Die Mehrwertsteuerbefreiung von internationalen Flügen begünstigt den Flugverkehr mit 4 Mrd. € pro Jahr, so das Umweltbundesamt. 


Was ist die Kritik an der Mehrwertsteuerbefreiung von internationalen Flügen?

Ausgerechnet der besonders klimaschädliche Flugverkehr erhält Steuervorteile. Das macht gerade Fernflüge günstiger und bestraft diejenigen, die z.B. mit der Bahn reisen und dafür Mehrwertsteuer abführen. Und: Weil Besserverdiener am häufigsten und am weitesten fliegen, ist die Steuerbefreiung sozial ungerecht.


Wie kann man die Mehrwertsteuerbefreiung von internationalen Flügen reformieren?

Am besten wäre eine EU-weite Abschaffung der Steuerbefreiung. Die Mehrwertsteuer würde dann in dem Land erhoben werden, in dem der Abflug stattfindet. Solange keine EU-weite Regelung gefunden ist, könnte eine höhere Luftverkehrssteuer für internationale Flüge einen Ausgleich zur Subvention schaffen.



Übersicht der TOP 5 fossilen klimaschädlichen Subventionen


Die Top 5 fossilen klimaschädlichen Subventionen betragen zusammen 23,9 Mrd. bis 30,8 Mrd. €, je nach Berechnung. Das ergibt einen Mittelwert von insgesamt 27,35 Mrd. €.


Subvention

Kostenschätzung

Kostenschätzung Mittelwert

Dienstwagenprivileg

3,1 bis 4,4 Mrd.

3,75 Mrd.

Dieselprivileg

4,4 bis 8 Mrd.

6,2 Mrd.

Entfernungspauschale

4 bis 6 Mrd.

5 Mrd.

Kerosin-Steuerbefreiung

8,4 Mrd.

8,4 Mrd.

MWSt-Befreiung internationaler Flüge

4 Mrd.

4 Mrd.


Würde man allein diese fünf Subventionen nur zur Hälfte (!) abbauen, würde der Staat also fast 14 Mrd. € mehr einnehmen! Das ist viel Geld, das an anderer Stelle eingesetzt werden kann, beispielsweise um Steuern zu senken (z.B. die Einkommensteuer für Geringverdiener) oder in Bildung zu investieren.


Ein Gewinn für alle.




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